In einem Haus am Waldrand aufgewachsen ist dieser Naturraum für mich von Kindheit an eine gewohnte Umgebung, in der ich mich gerne aufhalte. Der Wald bietet mir Erholung vom Alltag und unterstützt mich in und nach Krankheitsphasen wieder gesund zu werden.
Seit 41 Jahren lebe ich mit einem Ileostoma, das ich in jungen Jahren infolge einer chronischen Darmerkrankung bekam. Als sich dann vor 13 Jahren eine Krebsdiagnose mit mehreren OPs und einer jahrelangen Nachbehandlung dazu gesellte, brachte mich diese neue Lebenssituation anfangs völlig durcheinander. Welch ein Glück, dass ich schon vor der Erkrankung in psychotherapeutischer Behandlung war und diese fortsetzen konnte. Wertvolle Unterstützung erhielt ich von meiner Familie, von der Chirurgin, dem Onkologen und der Komplementärmedizinerin im Spital sowie von meinem Psychoonkologen und der “Gruppe 94”.
Zu dieser Zeit habe ich im Wienerwald, in dem ich seit den 90er Jahren in einem kleinen Dorf zu Hause bin, mit dem Nordic-Walken begonnen und damit Durchhaltevermögen und neue Lebenskraft erlangt. Neben meiner medikamentösen Behandlung wurde die körperliche Bewegung der zweite Pfeiler auf meinem Weg zum Gesund-Werden. Ich habe mich schon immer gern in der Natur bewegt, beim Schwimmen und Radeln, bei Gartenarbeiten und in jüngeren Jahren auch beim Joggen mit einer Freundin. Wenn ich Probleme und Stress spüre oder vor wichtigen Entscheidungen stehe, ziehe ich mich gerne in den Wald zurück, gehe ein Stück des Weges, komme zur Ruhe, habe Zeit für mich und zum Nachdenken und kehre gestärkt, ruhiger und entscheidungsfreudiger wieder in meinen Alltag zurück. In meinem Lieblingswaldstück steht eine große Rotbuche mit Wurzeln, die teilweise aus der moosigen Erde ragen, unter der ich gerne Platz nehme und meditiere. Diesen Buchengrund stelle ich mir auch bei meinen schamanischen Reisen als Pforte in die „andere Ebene“ vor.
In der Rekonvaleszenz-Zeit nach der Krebserkrankung habe ich auch das Pilgern für mich entdeckt. Ich war in einer kleinen Gruppe von lieben Menschen, die sich wie ich auch einer schweren Erkrankung stellen mussten, zwei Mal mehrere Wochen mit Thomas und Anna-Maria zu Fuß auf dem Franziskusweg in Umbrien unterwegs, überwiegend in den wunderbaren Wäldern zwischen La Verna und Assisi. Die Gruppen wurden ja ärztlich und therapeutisch bestens begleitet, ich hatte nur meinen Tagesrucksack zu tragen, da mein Hauptgepäck von Quartier zu Quartier transportiert wurde. Natürlich war meine Notversorgung im Handgepäck immer dabei, ich habe sie jedoch nie benötigt. In der ersten Wandergruppe war auch eine zweite Stomaträgerin. Ich hatte mich schon beim Kennenlernen in der Gruppe geoutet, was mir die Scheu nahm, gemeinsam mit meinen Mitwandernden in den Pilgerherbergen in Mehrbettzimmern zu übernachten. Ich erlebte sehr viel Rücksichtnahme, Interesse an meiner besonderen Situation und großes Verständnis.
Das Pilgern hat sich inzwischen zu einer Leidenschaft für mich entwickelt. Vor vier Jahren bin ich gemeinsam mit meinem Mann fünf Tage auf der Via Sacra von Purkersdorf nach Mariazell gewandert – ein wunderschönes Erlebnis mit vielen besonderen Eindrücken und Begegnungen. Auch auf dem österreichischen Jakobsweg sowie auf Pilgerpfaden in Madeira und Mallorca waren wir schon während unserer Urlaubsaufenthalte unterwegs. Und immer wieder sind es die Waldwege, die mich besonders begeistern.
Seit einigen Jahren ist der Trend zum „Waldbaden“ ja sehr publik. Die gesundheitsfördernde Wirkung des heilsamen Waldbadens, das aus Japan kommt, ist wissenschaftlich bestätigt. Britische Forscher fanden zudem heraus, dass das Verweilen im Wald das Selbstwertgefühl steigert und die Stimmung hebt. Man taucht geführt in die Waldatmosphäre ein, um zu entschleunigen und sich vom Alltagsstress zu lösen. Es können dabei Angstzustände, Depressionen und Wut verringert, Stresshormone abgebaut und die Vitalität gestärkt werden. Die ätherischen Öle der Bäume wirken außerdem stärkend auf das Immunsystem, und die Terpene in der Waldluft regen die Produktion unserer positiven Killerzellen an, die auch gegen Krebs wirksam sind. Waldspaziergänge können den Blutdruck senken sowie das Risiko für Arterienverkalkung, und damit für Herzinfarkt und Schlaganfall, erheblich reduzieren.
So ist für mich jede Stunde im Wald eine Wohltat, für meinen Körper und meine Seele. Meine liebe Freundin Gina hat einmal zu mir gesagt, dass mir offensichtlich schon Wurzeln gewachsen sind, weil ich so viel Zeit im Wald verbringe.